Öffentlich Rechtliche pochen auf Unterzeichung von Acta

Die große Debatte um das höchst umstrittene Handelsabkommen Acta, das in Europa die Verwertung geistigen Eigentums im Internet regeln soll, geht in die nächste Runde: Die öffentlichen-rechtlichen Sender, die GEMA, der Börsenverein des deutschen Buchhandels und der Bundesverband der Musikindustrie kritisierten gemeinsam als Deutsche Content Allianz scharf den Protest in der Netzgemeinde und forderten eine unverzügliche Unterzeichnung des Vertrags von der Regierung. Dabei gehen sie sogar soweit, die Netzgemeinde so zu charakterisieren, dass ihnen jedes “Unrechtsbewusstsein für ‘digitalen Diebstahl’” fehle und sowohl die Schule als auch ihr Elternhaus verpasst hätten, sie auf “die große Welt des Internets” moralisch vorzubereiten.

Ob solche Kommentare hilfreich in einer Debatte sind, ist äußert fraglich. Denn nicht ohne gute Gründe wirft die Netzgemeinde den Behörden und Verbänden vor, einfach nicht verstanden zu haben, wie geistiges Eigentum im 21. Jahrhundert funktioniert. Dass die Vermarktung von Musik, Videos, Filmen und anderen künstlerischen Produkten im Internet einfach nur anders funktionieren kann als im realen Leben und eine offene, tolerante Debatte stattfinden muss, die Künstler genauso wie Verbraucher und Unternehmen berücksichtigt, dass scheinen die selbsternannten Wächter von Moral und Ordnung noch nicht so ganz verstanden zu haben.

Ein mögliches Modell sieht vor, dass Provider ihre Kunden direkt warnen sollen, wenn sie oder jeweilige Rechteinhaber glauben, dass der Kunde illegal kopiertes Material hoch- oder herunterlädt. Doch damit das funktioniert, müsste jeder Provider alle Inhalte alle seiner Kunden stets überwachen. Dass es sich hier um einen klaren Verstoß gegen Datenschutz-Gesetze handelt und das Vorgehen einer Privatisierung der Rechtssprechung ähnelt, führen die Gegner des ACTA-Abkommens an. Auch Bundeskanzlerin Merkel zog den Vorschlag wenige Tage nach Veröffentlichung zurück. Es bleibt also spannend und zu hoffen, dass eine ernsthafte, faire Debatte geführt wird, anstatt eine regelrechte Schlammschlacht ausbrechen zu lassen.