China sperrt im Internet zahlreiche Seiten

Während hierzulande Verbraucher und Datenschützer gegen das Abkommen gegen Produktpiraterie, kurz ACTA, Sturm laufen, verschärft China seine Internet-Zensur: Viele Webseiten sind gar nicht aufrufbar, 300 Millionen Kommentare wurden gesperrt und sechs Personen verhaftet. Hintergrund der strikten Netzpolitik der kommunistischen Partei Chinas sind Gerüchte um einen Staatsstreich im Internet, in dem der Spitzenpolitiker Bo Xilai bloß gestellt werden soll.

Ohnehin war das Internet in China schon stark zensiert, nun ist es noch unfreier geworden. Vor allem die Firma Sina mit ihrem Social-Media-Dienst Weibo ist davon betroffen: Das Mikroblog, das nach dem Vorbild von Twitter funktioniert, hat alle Kommentar-Funkionen für gebündelte Diskussionen gesperrt. Nach offiziellen Angaben sollen so illegale Kommentare und das schnelle Verbreiten von Gerüchten erschwert werden. Auch viele Blogger, die sich kritisch gegen China äußerten, wurden gesperrt. Offiziell redet man von 16 gesperrten Webseiten, nach dem Pekinger IT-Blog „Technode“ sind es aber mehr als tausend gesperrte Sites.

Seit gut einer Woche sind schon Gerüchte im Internet im Umlauf, die sich um einen bevorstehenden Putschversuch des Militärs in Peking drehen. Allerdings gibt es keine ungewöhnlichen Truppenbewegungen in der Region. Eher wird vermutet, dass der undurchsichtige Parteifunktionär Bo Xilai durch die Aktion in Misskredit gebracht werden soll. Dass sich die Gerüchte ungewöhnlich lang im Internet halten konnten und erst jetzt in den Fokus der Staatszensur gefallen sind, lässt vermuten, dass es einige Befürworter der Kritik innerhalb der kommunistischen Partei Chinas selbst gibt.

Mittlerweile ist Bo abgesetzt. Wer im Internet nach ihm sucht, findet kaum noch irgendwelche Ergebnisse. Bedeutete sein Ruf als unerbittlicher Kämpfer gegen die weit verbreitete Korruption in China das rasche Ende seiner politischen Karriere? Und was können wir aus den Geschehnissen lernen? Internet bedeutet eben auch Demokratie – aber nur in dem Grad, in dem man dort noch seine freie Meinung äußern darf, ohne dafür gesperrt oder gar verhaftet zu werden. Ob mit oder ohne ACTA, Europa ist zum Glück noch meilenweit vom zensierten Internet wie in China entfernt. Dass das aber auch so bleibt, ist keine Selbstverständlichkeit.